In den letzten Jahren ist die Anzahl an Coaching Angeboten regelrecht explodiert. Oft fällt schon die Entscheidung für das passende Format schwer: 1:1 Coaching oder Gruppenprogramm? Individuelle Betreuung oder Onlinekurs? Virtuell oder vor Ort? Dazu kommt die quasi unendliche Auswahl an Coaches, die sich ganz unterschiedlich präsentieren und positionieren. Wie findest du in diesem riesigen Pool das FÜR DICH richtige Angebot – und die richtige Person? In diesem Post möchte ich dir einige Tipps geben, die dir die Entscheidung erleichtern können. Ich spreche hier nicht nur aus meiner Expertise als Psychologin und Coach, sondern habe auch selbst unglaublich viel Geld in Mentorinnen und Programme investiert und daraus wichtige Learnings mitgenommen!
#1 beziehung & Sympathie
Oft ist das erste intuitive Gefühl ein guter Indikator! Die neurowissenschaftliche Forschung hat gezeigt, dass wir nur eine halbe Minute benötigen, um andere einzuschätzen. Diese Urteile sind relativ verlässlich und basieren auf einem komplexen neuronalen Prozess (Schiller et al., 2009). Hier kann sogar ein erster Eindruck der Person auf ihrer Website, auf Social Media oder in einem Podcast ausreichend sein.
WICHTIG: Falls die Person bei dir ein ungutes Bauchgefühl auslöst, bitte vertraue dem!! Unseriöse Coaches arbeiten oft mit Argumenten wie „Wenn du dich von mir getriggert fühlst, solltest du erst recht mit mir arbeiten“ . Eine perfide Manipulationsmethode, die darauf abzielt, dein intuitives Gespür für Red Flags zu untergraben und gegen dich zu verwenden. Das Ziel: Fans UND Skeptiker zu zahlenden Kunden machen.
Manchmal kann es auch eine gute Strategie sein, mit jemandem zu arbeiten, den du bereits kennst (zum Beispiel von einem Event, einem Seminar oder einem Vortrag). Mein aktueller Mentor hat ein mehrtägiges Retreat geleitet, auf dem ich vor ein paar Monaten war – und ich hatte sehr schnell den Impuls, danach mit ihm persönlich zu arbeiten. Auch jemand, der dir aus dem weiteren Bekanntenkreis oder dem beruflichen Umfeld vertraut ist, kann eine gute Option sein. Von der Zusammenarbeit mit engen Freunden oder Familienmitgliedern würde ich eher abraten, da hier die Grenzen zwischen privater und professioneller Beziehung leicht verschwimmen und ein distanzierter Blick auf die Coaching Themen schwerfällt.
#2 Qualifikation
Meine Erfahrung: Menschen mit einem ernsthaften Interesse für diesen Beruf sind sich der Verantwortung bewusst und wollen sich (weiter)qualifizieren! Es gibt aber gerade im Bereich Life Coaching auch einige schwarze Schafe, die versuchen, ihre fehlende Qualifikation durch aggressives Marketing und unseriöse Versprechen zu kompensieren.
Typische Red Flags sind zum Beispiel „Social Proof Marketing“, wo du auf Social Media mit Screenshots von Nachrichten begeisterter Klientinnen erschlagen wirst (viele davon Fake oder nichtssagend) und „Erfolgsstory Marketing“ („Ich habe 2 Millionen Umsatz gemacht und wenn du mit mir arbeitest, kannst du das auch!“).
So überfordernd die Vielzahl an Angeboten sein kann, sie hat auch einen entscheidenden Vorteil: Es gibt eine unglaubliche Bandbreite an Positionierungen und Spezialisierungen. Für eine positive Coaching Beziehung (siehe #1) ist es wichtig, dass du dich als Klientin auf tiefer Ebene angenommen und verstanden fühlst. Dieses Gefühl hast du am ehesten bei jemandem, der dir ähnlich ist. Hier kann es um ein gemeinsames Wertesystem, geteilte Erfahrungen oder auch ähnliche Persönlichkeitsmerkmale gehen.
Als hochsensibler Mensch fühlst du dich wahrscheinlich besonders wohl bei einem Coach, der selbst hochsensibel ist und auf die Arbeit mit besonders feinfühligen Klientinnen spezialisiert ist. Wenn du in einer polyamoren Beziehung lebst, wirst du dich nur gesehen, akzeptiert und verstanden fühlen, wenn dein Coach Erfahrung mit nicht-monogamen Beziehungsmodellen hat oder zumindest offen dafür ist. Als alleinerziehende Mama, die vor allem mit den Herausforderungen der Mutterschaft zu kämpfen hat, wird eine kinderlose Person wie ich eher nicht deine erste Wahl sein.
Manchmal kannst du diese Infos sofort aus der Positionierung erkennen; aber nicht alle Coaches entscheiden sich dafür, sich zu 100% auf eine Personengruppe bzw. ein Thema zu fokussieren. In letzterem Fall hilft dir oft die Website, die Social Media Accounts oder auch das persönliche Gespräch dabei, mehr über die Persönlichkeit, das Wertesystem und die Erfahrungen des Coaches herauszufinden. Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie gut unsere Intuition funktioniert! So finden fast immer Klientinnen zu mir, die von Anfang an mit mir „auf einer Wellenlänge“ sind – und mit meinen eigenen Mentoren geht es mir ähnlich.
Fazit
Was ich dir aber unbedingt mitgeben möchte: Vertrau deiner Intuition. Lass dich nicht von flashy Marketing blenden. Hab keine Angst davor, Fragen zu stellen. Und ganz wichtig: Der „richtige“ Coach ist eine Frage der individuellen Passung! Auch 100 positive Bewertungen sagen nichts darüber aus, ob jemand zu DIR passt und dich in deinem Prozess optimal begleiten und voranbringen kann.
LITERATURANGABEN
Molyn J, de Haan E, van der Veen R, Gray DE. The impact of common factors on coaching outcomes. Coaching – Int J Ther 2022; 15(2):214-27.